Windpark – Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses

Haupt- und Finanzausschuss

Betreff: Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses

Datum: Di., 12.12.2023

Uhrzeit: 17:00Uhr

Raum: Museum Zinkhütter Hof

Ort: Museum Zinkhütter Hof, Cockerillstraße 90, 5222 Stolberg

 

Sachverhalt

Auf dem Gebiet der Kupferstadt Stolberg sind derzeit zwei Windparks geplant (s. Anlage). Zum einen der bereits seit 2014 projektierte Windpark im Laufenburger Wald nördlich der Wehebachtalsperre an der Stadtgrenze zu Langerwehe mit voraussichtlich 3 WindenergieAnlagen (WEA) auf Stolberger Stadtgebiet, zum anderen der Windpark „Dreikaisereichen“ an der Stadtgrenze zu Hürtgenwald-Raffelsbrand im Wald des Landes NRW mit voraussichtlich 8 Anlagen. Der Landesbetrieb Wald & Holz hatte diese Flächen in einem Ausschreibungsverfahren 2017 an eine Bietergemeinschaft vergeben. Den Windpark im Laufenburger Wald, der inzwischen auch grenzüberschreitend nach Langerwehe geplant ist, wird von zwei Kooperationspartnern entwickelt.

Windenergieanlagen der neuesten Generation weisen eine Leistung von bis zu 6 MW auf, d.h. mehr als noch vor wenigen Jahren. Insgesamt würden die ca. 11 geplanten Anlagen in Stolberg demnach eine Leistung von ca. 65 MW. Damit läßt sich Strom in einer Größenordnung von ca. 200.000.000 kW/h erzeugen (entspricht durchschnittl. Jahresverbrauch von ca. 58.000 Drei-Personen-Haushalten).

Vorgeschichte:

Die Kupferstadt Stolberg hatte bereits 2013 eine Potenzialstudie für das gesamte Stadtgebiet vorgelegt, in der die in Frage kommenden Flächen für sog. Windkraftkonzentrationszonen anhand von erforderlichen Abständen, Tabuflächen etc. ermittelt wurden. Der städtische Flächennutzungsplan stellt seit 2003 eine Windkraftkonzentrationszone bei Werth dar, die Platz für die sich jetzt dort befindlichen 3 Windkraftanlagen bietet. Mit der Darstellung von Windkraftkonzentrationszonen sind Windenergieanlagen (WEA) außerhalb der Zonen unzulässig. Mit dieser sog. Ausschlusswirkung wurde (und wird) der unkontrollierte Zubau von WEA seitens der Kommunen gesteuert, in vielen Fällen mutmaßlich auch verhindert. Mit der Öffnung der Waldflächen (unter strengen Voraussetzungen) für die Windenergie ergab sich auch für die Kupferstadt Stolberg die Möglichkeit, weitere Flächen für den Bau von WEA auszuweisen, so dass 2013 auf politischen Wunsch die oben genannten Potenzialstudie vorgelegt und auf dieser Grundlage ein FNP-Änderungsverfahren eingeleitet wurde. Seinerzeit waren vor allem die jetzt in Rede stehenden Flächen sowie weitere Bereiche im städtischen Wald zwischen Breinig und Zweifall Gegenstand der Planung, wobei konkrete Planungen eines Windparks nur für den Laufenburger Wald vorlagen, ansonsten nur Flächenausweisungen zur Diskussion standen. Die Planungen wurden Anfang 2015 ruhend gestellt.

Aktuelle Situation:

Seit dem hat sich auf allen Ebenen die Situation stark verändert. Spürbarer Klimawandel, Wetterextreme, Krisen und Kriege, wackelnde Energiesicherheit und unkalkulierbare Preise haben sowohl in der Bevölkerung eine andere Stimmungslage erzeugt, als auch die Bundes- und Landesregierungen zu einem konsquenteren Handeln zur Umsetzung der Energiewende bewogen. Dies drückt sich nicht zuletzt in der Änderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen für den Zubau von Windenergieanlagen und anderen erneuerbaren Energieträgern aus. Vor allem der Bau von Windenergieanlagen soll nicht mehr maßgeblich der kommunalen Planungshoheit unterliegen, sondern von übergeordneten Planungsbehörden gesteuert werden.

Die Bundesregierung hat die Ausbauziele für erneuerbare Energien mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) deutlich angehoben. Im Jahr 2030 sollen demnach 80 Prozent des in Deutschland verbrauchten Stroms aus erneuerbaren Energien stammen, um im Jahr 2045 Treibhausgasneutralität zu erreichen. Bis zum Jahr 2030 soll die Stromproduktion aus erneuerbaren Energiengegenüber heute verdoppelt werden. Dabei spielt die Windkraft eine wichtige Rolle. Das „Wind-an-Land-Gesetz“, das am 01.02.2023 in Kraft trat, soll den Ausbau der Windenergie in Deutschland deutlich schneller voranbringen. Planungs- und Genehmigungsverfahren sollen beschleunigt und die notwendigen Flächen bereitgestellt werden. Das neue „Windenergie-an-Land-Gesetz“ gibt dazu künftig verpflichtende Flächenziele für die Bundesländer vor. Denn bislang sind bundesweit nur 0,8 Prozent der Landesfläche für Windenergie an Land ausgewiesen. Bis Ende 2032 müssen die Länder zwei Prozent der Bundesfläche für die Windenergie ausweisen. Der Bundestag hat festgelegt, dass bis 2027 1,4 Prozent der Flächen für Windenergie bereitstehen müssen. Diese Vorgaben werden auf die Länder „heruntergebrochen“. Das Land NRW hat diese wiederum auf die fünf Regierungsbezirke verteilt, die nun im Wege der Regionalplanung die notwendigen Flächenausweisungen umzusetzen haben.

Im Regierungsbezirk Köln befindet sich der Regionalplan, sachlicher Teilplan „Erneuerbare Energien“, im Aufstellungsverfahren. Das Verfahren hat mit der „Frühzeitigen Unterrichtung“ der Behörden im Frühjahr 2023 begonnen. Dabei wurden u.a. die Planungen der Kommunen abgefragt (auf die entsprechende Vorlage WP18/2023/2119 wird verwiesen). Eine vorliegenden Potenzialstudie des LANUVs wird unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Frühzeitigen Unterrichtung und weiterer Kriterien weiter geschärft und Grundlage für einen von der Bezirksregierung aufzustellenden Planentwurf sein, der im Frühjahr 2024 vom Regionalrat beschlossen und danach in die förmliche Beteiligung gegeben werden soll (voraussichtlich Sommer 2024). Im Februar 2025 soll bzw. muss der Regionalplan, sachlicher Teilplan Erneuerbare Energien rechtskräftig werden. Dabei handelt es sich nämlich um eine Vorgabe der Landesregierung, die besagt, dass der Plan zum 1. Quartal 2025 seitens der Bezirksregierung aufzustellen ist.

Der Regionalplan und die darin dargestellten Windvorranggebiete schaffen Planungsrecht innerhalb der dargestellten Gebiete und haben zugleich Ausschlusswirkung für alle anderen Flächen, wie bislang kommunale Windkraftkonzentrationszonen. Diese bzw. deren Ausschlusswirkung hingegen haben mit Bekanntmachung des Regionalplans keine Gültigkeit mehr. Den Kommunen steht frei, über die Windvorranggebiete hinaus Flächen der Windkraft zur Verfügung zu stellen, dies aber nur im Wege der Bauleitplanung.

Zudem hat der Landesgesetzgeber den 1000-m-Abstand zwischen Windkraftanlagen und Wohnbebauung für NRW aufgehoben. In der Konsequenz entstehen somit weitere Potenzialflächen für die Ausweisung von Windvorranggebieten in den Regionalplänen. Die in Stolberg geplanten Windparks liegen eh über 1000 m von der nächsten Wohnbebauung entfernt. Eine Ausweitung ist nicht geplant und wird durch entsprechende Absichtserklärungen (LOIs) seitens der Betreiber bestätigt werden.

Folgerungen für die Windpark-Planungen in Stolberg:

Die dargelegte Situation hat für die Stolberger Projekte die Konsequenz, dass kein Bauleitplanverfahren der Stadt erforderlich ist, weder eine sog. „Positivplanung“ für die geplanten Windparks, noch die Aufhebung der bestehenden Windkraftkonzentrationszone bei Werth. Mit Rechtskraft des Regionalplans, sachlicher Teilplan „Erneuerbare Energien“, bestünde automatisch Planungsrecht für die Windparks sowie eine Ausschlusswirkung für nicht dargestellte Flächen. Mit Stand heute werden die hier in Rede stehenden Windparkflächen als Vorrangzonen im Regionalplan dargestellt werden. Die bestehenden WEA bei Werth genießen Bestandsschutz.

Da die Zusammenstellung von Antragsunterlagen und das Genehmigungsverfahren sicherlich 1 oder 1½  Jahre dauern dürften, ist damit auch kein Zeitverlust verbunden. D.h. nach (zustimmenden) Beschluss des Rates könnten die Projektierer ihre jeweiligen Genehmigungsanträge gem. Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) vorbereiten und bei der StädteRegion Aachen als Genehmigungsbehörde stellen. Beteiligungsverfahren der Behörden und der Öffentlichkeit würden voraussichtlich im nächsten Jahr stattfinden. Die planungsrechtlichen Voraussetzungen wären gegen Ende des BImSchG-Verfahrens Anfang 2025 geschaffen, so dass dann die Genehmigung erteilt werden kann. Es sei darauf hingewiesen, dass mit Rechtskraft des Regionalplans, sachlicher Teilpaln „Erneuerbare Energien“ ein Rechtsanspruch auf Genehmigung besteht – zumindest was das Planungsrecht betrifft.

Es werden aller Voraussicht nach auch Flächen über die beiden projektierten Windparks hinaus im Stadtgebiet als Windvorranggbiete im Regionalplan dargestellt werden. Welche dies konkret sein werden, ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht klar abgrenzbar.

Bürgerenergiegesetz NRW (BürgEnG):

Weiterhin wird in Nordrhein-Westfalen voraussichtlich Anfang 2024 das „Bürgerenergiegesetz NRW“ in Kraft treten, das sich derzeit im parlamentarischen Verfahren befindet. Dieses beinhaltet eine Pflicht zur Beteiligung der Bürger an Investitionen und Gewinnen und regelt deren mögliche Ausgestaltung. Alternativ können/müssen die Kommunen beteiligt werden oder spezielle verbilligte Stromtarife für benachbarte Ortschaften oder aber auch Geldzahlungen an Bürger und/oder die Kommunen vereinbart werden. Der Gesetzentwurf kann u.a. auf der Seite des Landtages eingesehen werden:

https://www.landtag.nrw.de/home/dokumente/dokumentensuche/gesetzgebungsportal/aktuelle-gesetzgebungsverfahr/burgerenergiegesetz.html

Das Gesetz ist relativ umstritten. Befürworter sehen darin eine Steigerung der Akzeptanz in der Bevölkerung, Kritiker befürchten, dass dadurch der notwendige Ausbau ausgebremst wird.

Absichtserklärungen / Letter of intents (LOIs):

Da künftig eine planungsrechtliche Steuerung der Windparks durch die Stadt nicht oder nur sehr eineschränkt über die Mitwirkung bei der Regionalplanaufstellung und im BImSchG-Genehmigungsverfahren besteht, wurde mit den Projektentwicklern der beiden Windparks vereinbart, Absichtserklärungen zu unterzeichnen, welche die (max.) Anzahl und die genaue Lage der WEA bezeichnen, verbunden mit der Absichtserklärung, keine weiteren Anlagen ohne Zustimmung der Stadt auf Stolberger Stadtgebiet zu errichten, vorausgesetzt es gibt (zukünftig) keine gesetzliche Verpflichtung dazu oder Dritte Investoren können Windenergieanlagen an anderer Stelle realisieren.

Weiterhin werden sich die Betreiber der geplanten Stolberger Anlagen in den Absichtserklärungen zur Beteiligung der Stadt verpflichten, um den zukünftig geltenden gesetzlichen Vorgaben des BürgEnG zu genügen.

Die Stadt erklärt die Absicht, die Realisierung der beiden Windparks zu unterstützen und positiv zu begleiten.

Zudem ist vereinbart, in 2024 eine Bürgerinformationsveranstaltung zu den beiden Windpark-Projekten durchzuführen, um die Bürger auf Basis des dann vorliegenden Wissenstandes zu informieren.

Quelle und weitere Informationen: www.stolberg.sitzung-online.de

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